Ich drehe mich um und schalte den Deckenstrahler aus,
Der neben dem Bett steht und offenbar auch als Leselampe dienen soll.
Es ist jetzt sehr dunkel und sehr leise.
Wie froh ich bin, nicht in diesem scheußlichen Zimmer unter mir zu liegen.
Diese Postkarten, ekelhaft.
Besser wieder an was gutes denken...
(Israel, Totes Meer, Totes lustiges Meer)
Dem Toten Meer habe ich es sogar zu verdanken, dass ich Verena kennengelernt habe.
Dem Toten Meer, einer großen Portion Zufall und den guten Longdrinks in dieser Strandbar in Tel Aviv.
Sie saß schräg hinter mir im Sand und unterhielt sich mit zwei amerikanischen Touristen über das Tote Meer.
Dass es ja so "crazy" sein solle, darauf zu liegen und so weiter.
Ich belauschte sie schon seit einer Weile.
Ihre Stimme klang wahnsinnig gut, so rauchig und tief.
Ich war sozusagen schon scharf auf Verena, bevor ich wusste, wie sie aussieht.
Schließlich drehte ich mich einfach um, sagte, dass ich zufällig mitgehört hätte und gerade erst vom Toten Meer zurück käme.
Es sei "indeed absolutely crazy", das dürften sie sich nicht entgehen lassen.
Eine Minute später saß ich auf einem grünen Plastikhocker in dieser fremden Runde.
Ein Pärchen aus Washington, D.C., deren Namen ich nach zwei Minuten wieder vergessen hatte, und Verena, die sich von nun an nur noch mit mir unterhielt.
Es war Sympathie auf den ersten Blick.
Ich verstand die Redewendung "auf einer Wellenlänge liegen" plötzlich sehr gut.
Genau so fühlte es sich an: eine Wellenlänge.
Wir redeten gleich viel, wir lachten gleich viel, wir tranken gleich viel.
Hübsch war sie auch, auf eine angenehm unaufgeregte Weise.
Sie sah aus, als hätte sie sich morgens einfach in irgendwelche Klamotten geschmissen, die gerade rumlagen.
Ihre Lache war herzlich und ansteckend.
Und dann die Augen.
Ihre Augen waren das Beste.
Es ging so ein dunkles Glühen von ihnen aus, etwas durch und durch Bezauberndes.
Sie wirkte selbstbewusst. Intelligent. Lebensfroh. Hedonistisch. Unkompliziert. Freundlich.
Das alles in einer Person.
Ich wollte sofort mit ihr schlafen.
Sie hat mir später erzählt, dass es ihr ebenso ging.
Haben wir natürlich auch am gleichen Abend noch getan.
Es war folgerichtig, alles andere wäre geradezu verantwortungslos gewesen.
Das amerikanische Pärchen hatte sich schon längst verabschiedet, als Verena sich auf meinen Schoß setzte und mich küsste.
Sie küsste gut.
Die dicken grünen Beine des Plastikstuhls gruben sich tiefer in den feinen Sand.
Das Meer schwappte leise an den Strand.
Ich dachte in diesem Moment an gar nichts.
Fast zu schön, um wahr zu sein.
Aber nicht zu wahr, um schön zu sein.
Wir gingen zu ihr, in eins dieser schicken Hotels direkt an der Uferpromenade.
Sie verballerte gerade ihren Bausparvertrag.
Ich verballerte mein Erbe.
Sie feierte ihr bestandenes Diplom.
Ich feierte die Möglichkeit, feiern zu können.
Wir wussten noch nicht das wir bald sehr viel Zeit miteinander verbringen würden.
Der nächste Tag war mein Letzter in Tel Aviv.
Wir standen im neunundvierzigsten Stock des Israeli Tower.
Unter uns lag diese immer vor sich hinwuselnde Stadt in der Abendsonne.
Ich hab sie einfach gefragt: "Hast du Lust mit mir durch die USA zu fahren?".
Ich hatte dass vorher nicht geplant und als sie, ohne zu zögern "Ja. Wann?" sagte, wusste ich nicht, was mich mehr erstaunte.
Meine Frage oder ihre Antwort.
Ich dachte nur "Was für eine coole Frau".
Habe keine Sekunde daran gezweifelt, dass es super werden wird.
Was für eine coole Frau.
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